Fehlende Zähne müssen ersetzt werden, um das Zusammenspiel der Kauwerkzeuge im Mund nicht durcheinander zu bringen. Zahnersatz gibt es in vielen verschiedenen Varianten und für alle möglichen Situationen im Gebiss. Aber hätten Sie gedacht, dass auch das eigene Gebiss einen Ersatzzahn spenden kann? Bei der autogenen Zahntransplantation (autogen = aus eigenen Kräften, von innen heraus erfolgend) passiert genau das. Besonders Kinder und junge Menschen können davon profitieren. Bestimmte Voraussetzungen müssen allerdings gegeben sein.
Zähne lassen sich transplantieren?
Ja, und diese Idee ist gar nicht neu. Es ist überliefert, dass bereits die alten Ägypter, Etrusker, Römer und Griechen mit transplantierten Zähnen experimentierten. Diese stammten teilweise von anderen Menschen, von Tieren oder auch von Toten. Es handelte sich in diesen Fällen also um allogene (allogen = körperfremd) Zahntransplantationen. Sehr arme "Zahnspender" ließen sich die eigenen Zähne ziehen und verkauften sie an Wohlhabende, damit diese ihre Zahnlücken füllen konnten. Das funktionierte meistens nicht wunschgemäß, und das Infektionsrisiko war hoch. Erst in 1930er Jahren stellte man nach histologischen Untersuchungen fest, dass eine Zahntransplantation nur dann erfolgreich gelingen kann, wenn die Wurzelhaut des transplantierten Zahns vollkommen unversehrt ist. Nur so hat der Zahn die besten Chancen, wieder im Kiefer festzuwachsen.
Worin liegen die Vorteile einer autogenen Transplantation von Zähnen?
Körpereigenes Material wird vom Immunsystem nicht als Fremdkörper empfunden und nicht abgestoßen. Allergien gegen bestimmte Materialien – zum Beispiel die in der Zahnmedizin verwendeten Metalle und Legierungen – oder Irritationen sind damit ausgeschlossen. Das Unverträglichkeitsrisiko bei einer korrekt durchgeführten Transplantation liegt also bei null. Ein transplantierter Zahn kann wie ein natürlicher Zahn im Kiefer mitwachsen, wohingegen ein Implantat unveränderlich seine Position im Kiefer behält. Das ist besonders für junge Patienten ein wichtiger Punkt, deren Kiefer noch im Wachstum sind. Die Kosten für künstlichen Zahnersatz oder ein Implantat fallen bei einer Transplantation nicht an. In bestimmten Fällen kann der Kieferchirurg sogar zwei Problemfälle auf einen Schlag lösen: Ist ein Weisheitszahn extrem verlagert und muss ohnehin entfernt werden, kann er an anderer Stelle des Kiefers eine Lücke füllen und eine neue Funktion übernehmen. Dafür muss kein gesunder Zahn beschliffen und kein künstlicher Zahnersatz angefertigt werden.
Gibt es Gegenanzeigen und Nachteile bei der autogenen Zahntransplantation?
Für Patienten, die Blutgerinnungsstörungen haben, unter Diabetes mellitus oder unter Parodontitis leiden, ist eine Zahntransplantation nicht geeignet. Eine Transplantation kann zwar prinzipiell in jedem Alter durchgeführt werden, hat aber die höchsten Erfolgsquoten bei Kindern und Jugendlichen. Da die Zähne und der Zahnhalteapparat sich bei jungen Menschen noch im Wachstum befinden, hat ein transplantierter Zahn die besten Voraussetzungen, seine Wurzel wieder vollständig im Knochen zu verfestigen. Bei älteren Patienten muss häufig zusätzlich eine Wurzelbehandlung erfolgen, da bei der Transplantation die Pulpa (das Zahnmark) nicht erhalten werden kann und der Zahn keinen Anschluss an die Blutgefäße im Kiefer findet.
Welche Voraussetzungen sind für eine Transplantation erforderlich?
Der Zahn, der seine Position wechseln soll, muss gesund und seine Wurzelhaut unversehrt sein. Er muss sehr schonend entfernt werden, damit vor der Verpflanzung kein Schaden entsteht. Idealerweise handelt es sich noch um einen Zahnkeim, also um einen noch nicht in die Mundhöhle durchbrochenen Zahn, dessen Wurzel noch nicht vollständig ausgewachsen ist. Das optimale Alter für Zahntransplantationen liegt etwa zwischen dem 10. und 25. Lebensjahr. Das Zahnfach (Alveole), das den Zahn aufnehmen soll, muss erhalten sein und vom Größenverhältnis zum verpflanzten Zahn passen. War in der Lücke vorher gar kein Zahn angelegt (Aplasie), muss der Kieferknochen speziell für die Aufnahme des Transplantats vorbereitet werden. Wurde ein ganzer Zahn beim Sport oder durch einen Unfall komplett ausgeschlagen, haben wir hier ein paar Ratschläge, wie Sie ihn am besten aufbewahren: Zahntrauma – Zahn abgebrochen – was tun? Spoiler: Die Zahnwurzel nicht anfassen und in jedem Fall ganz schnell zum Zahnarzt damit! Eine gute Mundhygiene ist selbstverständlich ebenfalls eine Grundvoraussetzung.
Welche Zähne können transplantiert werden?
In den meisten Fällen sind es die Weisheitszähne, die ihre Position wechseln. Da sie für eine gesunde Kaufunktion heute nicht mehr notwendig sind, werden sie aus Platzmangel oft vorsorglich gezogen. Sie bilden sich außerdem als letzte Zähne im Gebiss aus und schließen daher auch ihr Wurzelwachstum später ab. Gesunde Backenzähne oder Mahlzähne können ebenfalls verpflanzt werden. Die äußere Form des Zahns an der neuen Position kann mit Kompositfüllungen angepasst werden. Bei Kindern mit vorzeitigem Milchzahnverlust durch Karies oder ein Zahntrauma kann eine Transplantation von Milchzähnen den kleinen Patienten das Tragen einer Prothese ersparen.
Wie läuft eine Zahntransplantation ab?
Vor dem Eingriff prüft der Kieferchirurg mittels Röntgenaufnahmen, ob der Zahn gesund ist und in welchem Wachstumsstadium sich die Zahnwurzel befindet. Die Verpflanzung eines gesunden Zahns erfolgt gewöhnlich gleichzeitig mit der Entfernung des nicht erhaltungswürdigen Exemplars, falls vorhanden. Die Empfängerregion wird entsprechend vorbereitet, um den Zahn aufnehmen zu können. Das Transplantat wird schonend operativ entfernt und in das leere Zahnfach oder das eigens dafür geschaffene Zahnbett eingesetzt. Dort wird der neue Zahn mit einer Schiene an den Nachbarzähnen fixiert und darf während der Einheilzeit nicht übermäßig belastet werden. In regelmäßigen Abständen wird der Heilungsverlauf in Nachsorgeuntersuchungen kontrolliert. Nach etwa acht Wochen kann sich die Pulpa eines jugendlichen Zahns schon neu gebildet haben und der Zahn wieder sensibel sein. In einigen Fällen ist anschließend eine kieferorthopädische Behandlung notwendig, um die Zahnstellung an der neuen Position im Kiefer zu optimieren. Wurde ein Zahn mit einer bereits ausgewachsenen Wurzel verpflanzt, wird im Anschluss eine Wurzelbehandlung durchgeführt, wenn es Anzeichen für eine Wurzelresorption gibt. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt bei jugendlichen Zähnen ca. 90 Prozent, bei ausgewachsenen Zähnen etwa 82 Prozent.
Welche Kosten entstehen bei einer Zahntransplantation?
Eine Zahntransplantation ist eine private Leistung des Patienten und wird von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen. Die Kosten variieren je nach Aufwand etwa zwischen 250 und 500 Euro pro Zahn.
Eine Zahntransplantation ist heute kein Hexenwerk mehr. Besonders junge, noch nicht ausgewachsene Zähne können an eine andere Stelle im Mund verpflanzt werden und dort mit guter Erfolgsquote wieder sicher festwachsen. Insbesondere wenn sich der Kiefer noch im Wachstum befindet, ist eine Zahntransplantation nicht benötigter Zähne oft die bessere und kostengünstigere Alternative zu einem Implantat oder einer Prothese.
Hinweis: Dieser zahnmedizinische Artikel soll das Verständnis und Wissen über allgemeine Mundgesundheitsthemen fördern. Er ist kein Ersatz für professionelle Beratung, Diagnose oder Behandlung. Lassen Sie sich bei Fragen zu einer Erkrankung oder Behandlung immer von Ihrem Zahnarzt oder einem anderen qualifizierten Gesundheitsdienstleister beraten.
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