CMD-Therapie - Ursachen, Behandlung & Kosten
Autor: DentNet Zahnarzt in Hannover: Dr. Stefan Thomas.
Die Kiefergelenke werden oft als wichtigste Gelenke im Körper bezeichnet. Fehlbelastungen können massive Auswirkungen auf den gesamten Körper haben. Im Zusammenspiel mit der Mund- und Gesichtsmuskulatur ermöglichen die Gelenke nicht nur, den Mund öffnen und schließen zu können. Sie koordinieren auch das Kauen, das Sprechen, Lachen und Schlucken. Dieses komplexe Zusammenspiel von Muskeln, Bändern und Knochen steuert den beweglichen Unterkiefer. Die beiden Kiefergelenke können niemals unabhängig voneinander arbeiten, das unterscheidet sie von allen anderen Gelenken im Körper. Kleinste Veränderungen in diesem sensiblen System können die Funktion des Kiefergelenks beeinträchtigen. Die Diagnose der Probleme erfolgt oftmals durch einen Zahnarzt, die Behandlung des Patienten wird meistens fachübergreifend durch Zahnärzte, Osteopathen, Orthopäden und Physiotherapeuten durchgeführt. Kommt es zu einer Fehlfunktion des Kauapparates oder des Kiefergelenks, kann dies eine craniomandibuläre Dysfunktion, abgekürzt CMD, verursachen. Die CMD-Symptome treten dabei nicht immer nur am Kiefer auf.
Was passiert bei der craniomandibulären Dysfunktion?
Das Kiefergelenk ist einer ständigen Belastung durch Kauen, Sprechen, Lachen und Schlucken ausgesetzt. Kaum ein anderes Gelenk im Körper ist so stark. Die Struktur des Kiefergelenks variiert von Mensch zu Mensch und ist stark abhängig von der Position der Zähne. Selbst kleinste Veränderungen der Kauflächen der Zähne können das Kiefergelenk beeinträchtigen.
Die Folgen von Funktionsstörungen des craniomandibulären Systems (CMD) auf den Bewegungsapparat können ganz unterschiedlich sein. Muskel- oder Funktionsbeschwerden manifestieren sich hauptsächlich im Bereich des Halses, der Wirbelsäule, des Beckens und der Extremitäten, z. B. Verspannungen in Schulter und Nacken, Fehlstellungen in der Wirbelsäule oder Probleme im Beckenbereich. Dies ist auf die anatomische Verbindung zwischen dem Kiefergelenk und den übrigen Körperbereichen zurückzuführen, die alle im Bereich des Halses und des Nackens ihre gemeinsame Schaltzentrale besitzen.
Die Region um das Kiefergelenk ist mit hochempfindlichen Nervenzellen versehen. Diese Nervenzellen sorgen für die Wahrnehmung des eigenen Körpers und seiner Position im Raum, der Stellungen von Kopf, Rumpf und Gliedmaßen zueinander und übermitteln Veränderungen direkt an das zentrale Nervensystem. Die craniomandibuläre Region weist die größte Dichte dieser besonderen Nervenzellen im menschlichen Körper auf. Das erklärt, warum das System so empfindlich ist und so schnell auf Unregelmäßigkeiten reagiert. Neue Prothesen, die kleinste Veränderungen des Bisses verursachen, können das Kiefergelenk beeinträchtigen.
Was sind die Ursachen für CMD?
Die häufigsten Ursachen für diese Krankheit sind:
- Veränderungen des Zahnverschlusses (Biss oder Okklusion)
- Traumata im Bereich des Kopfes, speziell im Gesicht und an der Halswirbelsäule
- psychische Störungen (Angstzustände, Stress oder Depressionen), die Bruxismus (Zähneknirschen) verursachen
- Krankheiten wie rheumatoide Arthritis oder Muskelschmerz und Müdigkeit (Fibromyalgie)
- Überbelastung des Kiefergelenks durch Zähneknirschen, Fingernägel- oder Kaugummikauen
- Fehlhaltungen von Kopf, Oberkörper und Gelenken
Welche Symptome können bei einer CMD (Craniomandibuläre Dysfunktion) auftreten?
Die Veränderung des Zusammenspiels der Zähne im Ober- und Unterkiefer, in der Zahnmedizin auch Biss oder Okklusion genannt, kann an ganz anderer Stelle im Körper Probleme verursachen. Eine craniomandibuläre Dysfunktion kann durch Fehlstellungen im Gebiss, durch einen Unfall oder durch schlecht sitzenden Zahnersatz hervorgerufen werden. Nächtliches Zähneknirschen wird häufig von psychischen Belastungen erzeugt und sorgt für Verspannungen und Schmerzen in der Kiefermuskulatur. Viele Patienten sind sich meistens über die Ursache des Schmerzes nicht bewusst, da die Symptome nicht sofort auf die Kiefergelenke als Auslöser bezogen werden.
Das kann weitreichende Konsequenzen haben und langfristige Funktionsstörungen wie Gesichtsschmerzen, Verspannungen in der Nackenmuskulatur, Kopfschmerzen, Taubheitsgefühl in den Armen, Tinnitus oder Beckenfehlstellungen verursachen. Eine craniomandibuläre Dysfunktion kann also neben dem Kopf auch den Rücken, die Hüften und die Beine beeinträchtigen. In diesen Fällen wird die Hilfe eines CMD Spezialisten benötigt.
Wie erfolgt die Diagnose von CMD?
1. Klinische Funktionsdiagnostik (auch manuelle Funktionsdiagnostik)
Wenn in der Zahnarztpraxis ein Verdacht auf eine Funktionsstörung der Kiefergelenke (CMD) besteht, wird der Patient bei einer Voruntersuchung nach seiner Krankengeschichte befragt. Der Zustand der Zähne wird analysiert und die Zahnkontakte zwischen Ober- und Unterkiefer überprüft. Der Arzt stellt fest, ob bei der Bewegung der Kiefergelenke Geräusche entstehen und die Kaumuskulatur intakt ist. Durch Abtasten der Muskelbereiche des Kiefers lassen sich verhärtete Bereiche feststellen, die Schmerzen verursachen. Die Körper- und Kopfhaltung wird kontrolliert und die Druckempfindlichkeit am Kiefergelenk getestet. Die Untersuchung umfasst auch Fragen zu Ihren persönlichen Lebensumständen, da Stress und andere psychische Belastungen eine CMD- oder Kiefergelenkerkrankung auslösen können.
2. Instrumentelle Funktionsdiagnostik
Die instrumentelle Funktionsanalyse zeigt Störungen im Kausystem auf. Abformungen der Zahnreihen werden als Gipsmodelle über einen genau definierten Weg in einem Gelenksimulator (Artikulator) dem natürlichen Biss nachempfunden. Das Gerät zeigt exakt an, wie die Zähne des Patienten miteinander in Kontakt kommen. Dabei lässt sich genau feststellen, ob die Position der Zähne und der Zusammenbiss des Patienten tatsächlich Kiefergelenkprobleme auslösen können. Bildgebende Verfahren wie das digitale Röntgen unterstützen die Diagnostik. Basierend auf dem Ergebnis des Biss-Simulators wird entschieden, welche Therapie benötigt wird.
Dies kann beispielsweise eine CMD-Therapie mit einer Aufbissschiene oder der Aufbau der Bisshöhe der Zähne des Patienten sein. Wird eine Craniomandibuläre Dysfunktion diagnostiziert, sollte ein CMD-Spezialist hinzugezogen werden. Auch eine Physiotherapie oder Osteopathie kann für eine umfassende CMD-Therapie erforderlich sein.
Wie erfolgt die Behandlung einer CMD?
Die Behandlung von CMD kann eine Kooperation mehrerer Therapien umfassen:
- Umerziehung und Verhaltensänderung
- Kieferorthopädische Behandlung, Verwendung einer Aufbissschiene
- Zahnrestaurationen durch Kronen und Onlays, Korrekturen an der Zahnsubstanz oder am Zahnersatz
- Korrektur von Haltungsschäden durch Physiotherapie
- Entspannungstechniken, wie z.B. Autogenes Training
Welche Kosten entstehen bei einer CMD-Therapie?
Durch das interdisziplinäre Zusammenspiel von Behandlungen können unterschiedliche Kosten entstehen. Die zahnärztliche Funktionsdiagnostik wird in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Auch für die Erstellung einer Aufbissschiene sollten Sie sich vorher die Zustimmung zur Kostenübernahme von Ihrer Krankenkasse einholen. Die Beteiligung von HNO-Ärzten, Physiotherapeuten, Orthopäden und Psychologen an einer CMD-Behandlung können schnell die Kosten in die Höhe treiben. Auch hier sollten Sie sich vorher das OK Ihrer Krankenkasse einholen und mit der medizinischen Notwendigkeit der Behandlungen argumentieren. Zahnzusatzversicherungen können helfen, die hohen Kosten aufzufangen.
Fazit:
Kopf- und Rückenschmerzen, Tinnitus oder Wirbelsäulenprobleme – meistens suchen Patienten nach anderen Ursachen, als den Kiefer zu verdächtigen. Es ist oft nicht leicht, anhand der diversen Symptome eine craniomandibuläre Dysfunktion zu diagnostizieren. Erst wenn der Betroffene auf seiner Odyssee von Arzt zu Arzt keine Linderung seiner Schmerzen erfährt, wird der Zahnarzt oder der Kieferorthopäde befragt. Die Vorstellung, dass ein falscher Biss für einen Tinnitus oder für Schmerzen in anderen Körperteilen verantwortlich ist, ist für viele Patienten und Ärzte zu abstrakt. Eine CMD-Therapie wird immer vom Zahnarzt koordiniert, auch wenn andere Fachbereiche an der Therapie beteiligt sind.
Hinweis: Dieser zahnmedizinische Artikel soll das Verständnis und Wissen über allgemeine Mundgesundheitsthemen fördern. Er ist kein Ersatz für professionelle Beratung, Diagnose oder Behandlung. Lassen Sie sich bei Fragen zu einer Erkrankung oder Behandlung immer von Ihrem Zahnarzt oder einem anderen qualifizierten Gesundheitsdienstleister beraten.
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