Alveole – das Zahnfach im Kieferknochen
Jeder Zahn im Mund hat sein eigene Alveole (lateinisch Alveolus dentalis), ein knöchernes Zahnfach, in dem seine Wurzeln stecken. Der Teil des Kieferknochens, in dem sich die Alveolen befinden, wird Alveolarfortsatz genannt. Die Zähne sind aber nicht einfach unbeweglich mit dem Knochen verwachsen, sondern haben in ihrer Position einen leichten Bewegungsspielraum. Das ist vor allem für den Kieferknochen wichtig.
Der Alveolarknochen
Der Knochenteil des Ober- oder Unterkiefers, in dem die Zähne wurzeln, heißt Alveolarknochen oder Alveolarfortsatz (lat. Processus alveolaris). Der Kieferknochen lebt von den Zugkräften, die von den Zähnen ausgehen, und baut sich nach einer Zahnextraktion allmählich ab, wenn diese Kräfte fehlen. Daher rührt das eingefallene Untergesicht, das völlig zahnlose Patienten ohne Prothesen oder Zahnersatz entwickeln. Da durch den Abbau des Knochens am Ende nur noch ein schmaler Knochenkamm übrig bleibt, spricht man beim zahnlosen Kiefer von Kieferkamm oder Alveolarkamm.
Bei Totalprothesen, die alle Zähne im Kiefer ersetzen sollen, wird der abgebaute Alveolarknochen durch Kunststoff ersetzt, damit die künstlichen Zähne sich wieder auf einer normalen Höhe befinden. Bei Patienten, die sich Implantate wünschen, kann mit einem Knochenaufbau die benötigte Tiefe und Höhe des Alveolarknochens wiederhergestellt werden. Alternativ kann die leere Alveole für eine spätere oder eine Sofortimplantation mit Knochenersatzmaterial aufgefüllt werden. Eine Socket Preservation erfolgt bei Patienten direkt nach einer Zahnentfernung, um den Knochenabbau um die Alveole herum zu verhindern.
Federnde Zahn-Aufhängung in der Alveole
Zwischen der Wurzelhaut der Zähne und der knöchernen Alveole gibt es einen kleinen Abstand (Parodontalspalt). Überbrückt wird dieser Spalt durch tausende kleiner Sharpey-Fasern (auch Desmodont oder Parodontalligament). Sie bestehen aus Kollagen, haben eine wellenartige Struktur und eine wichtige Funktion: Bei einem Biss auf etwas Hartes wird der Zahn nicht einfach mit starkem Druck in den Kieferknochen gepresst, was zum Abbau des Knochens führen würde. Stattdessen strecken sich die wellenförmigen Fasern in der Alveole und erlauben dem Zahn damit eine gewisse Bewegungsfreiheit in seinem Zahnfach. Gleichzeitig wirken über die Fasern federnde Zugkräfte auf den Alveolarknochen, die den Knochen anregen, sich neu zu bilden. Die leichte Bewegung der Zähne in der Alveole fördert zudem die Durchblutung im Zahnhalteapparat und die Versorgung der umliegenden Zellen. Lässt der Kaudruck nach, bewegen sich die Fasern wieder in ihre ursprüngliche Wellenform zurück.
Was passiert bei der Zahnextraktion?
Wenn der Zahnarzt einen Zahn zieht, muss er ihn möglichst vollständig mit seinen Wurzeln aus seiner Alveole herausziehen. Dafür wird der Zahn zuerst mit einem Hebel oder einer Zange hin- und herbewegt. Das erweitert die Alveole und zerreißt die Sharpey-Fasern, dann lässt der Zahn sich entfernen.
Komplikationen nach einer Extraktion
Alveolitis sicca
In manchen Fällen kann nach einer Zahnentfernung eine Alveolitis sicca auftreten, wörtlich übersetzt bedeutet das "trockene (Zahn)Mulde". Gewöhnlich verschließt nach einer Zahnextraktion ein Blutpropf die Wunde und damit auch das leere Zahnfach im Knochen. Darunter kann die Wundheilung geschützt vor Einflüssen aus der Mundhöhle erfolgen. Aus verschiedenen Gründen kann die Blutung und die Propfbildung jedoch ausbleiben oder der Wundverschluss versehentlich mechanisch entfernt werden, zum Beispiel durch zu starkes Spülen des Mundes oder unvorsichtiges Zähneputzen im Bereich der Wunde. Weitere Ursachen für die Alveolitis sicca können Tabak- und Alkoholkonsum gleich nach der Operation oder die unvollständige Entfernung von Zahnresten sein. Eine trockene Alveole verursacht durch den freiliegenden Knochen starke Schmerzen. Der Zahnarzt wird zur Behandlung einer Alveolitis sicca eine örtliche Betäubung spritzen und eine medikamentöse Einlage einbringen. Nach der ersten Behandlung sind die Schmerzen meistens schon gelindert. Diese lokale Therapie muss jedoch so lange wiederholt werden, bis die Entzündung nachgelassen hat.
Mund-Antrum-Verbindung (Eröffnung der Kieferhöhle)
Die Wurzeln und Zahnfächer der Oberkieferzähne grenzen an die Kieferhöhle. Im Rahmen einer Extraktion im Oberkiefer – besonders bei sehr langen Zahnwurzeln und tiefgehenden Alveolen – kann es zu einer versehentlichen Öffnung der Kieferhöhle kommen. Das lässt sich durch einen Nasen-Blas-Versuch feststellen: Der Patient muss bei zugehaltener Nase und geöffnetem Mund mit Druck Luft in die Nase blasen. Das Gaumensegel verschließt dabei den Mundraum an der Zungenwurzel. Besteht eine Öffnung der Kieferhöhle, strömt Luft aus der leeren Alveole. Eine Behandlung sollte sofort erfolgen. Wird eine Mund-Antrum-Verbindung nicht innerhalb von 24 Stunden wieder verschlossen, besteht die Gefahr, dass sich die normalerweise sterile Kieferhöhle infiziert oder Fremdkörper (Zahnwurzelreste oder -bruchstücke) hineingelangen.
Fazit
Jedem Zahn sein Fach: In den Alveolen im Kieferknochen sind die Wurzeln der Zähne verankert. Eine federnde Aufhängung der Zähne in ihrer Alveole wirkt wie ein Stoßdämpfer: Sie verhindert Schäden am Knochen und fördert seine Neubildung.