Zahnfleischschwund – warum geht das Zahnfleisch zurück?

Das Zahnfleisch (medizinisch: Gingiva) ist in gesundem Zustand rosa und straff. Es umschließt die empfindlichen Bereiche unserer Zähne wie eine Manschette und wirkt wie eine natürliche Dichtung an der Stelle, wo der Zahn aus dem Kieferknochen in die Mundhöhle wächst. Zahnfleischrückgang ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass etwas nicht in Ordnung ist. Im schlimmsten Fall schwelt schon eine Parodontitis im Zahnbett. Lesen Sie hier wie unser Zahnfleisch aufgebaut ist, welche Aufgaben es hat und was bei Zahnfleischrückgang oder Zahnfleischentzündung zu tun ist.

Wie ist das Zahnfleisch aufgebaut?

Aufbau des ZahnfleischesDas menschliche Zahnfleisch ist Teil der Mundschleimhaut und umgibt die Zähne kragenförmig. Es hat zwei Hauptbereiche: Die befestigte Gingiva ist das fest mit dem Alveolarknochen verwachsene Zahnfleisch, das sich vom Zahnhalteapparat bis zum Gingivalsaum erstreckt. Die freie Gingiva (auch marginale Gingiva genannt) beginnt am oberen Gingivalrand, wo der Zahnschmelz sichtbar wird, und verläuft in Richtung der Zahnwurzeln bis zur Grenze zwischen Zahnschmelz und Zahnfleisch. Sie ist beweglich und umschließt die Zähne wie eine Girlande. Ist das bewegliche Zahnfleisch gesund, kann es der Zahnarzt mit einer Parodontalsonde maximal 2 mm vom Zahn abheben. Die kleinen dreieckigen Zahnfleischbereiche, die zwischen den Zähnen liegen, nennt man Papillen (Interdentalpapillen), sie gehören auch zur beweglichen Gingiva. Zusammen mit anderen Teilen des Zahnhalteapparats, wie dem Alveolarknochen, der Wurzelhaut und dem Zahnzement, schützt das Zahnfleisch die Zähne und unterstützt ihre Stabilität und Funktion im Mund. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Mundgesundheit und dem Erhalt der Zähne.

Welche Aufgaben hat das Zahnfleisch?

Die Zahnkronen – der sichtbare Teil der Zähne im Mund – sind von einer harten Schicht Zahnschmelz umgeben und unempfindlich, solange Karies oder ein Zahntrauma nicht den Schmelz beschädigt hat. Die tiefer liegenden Teile eines Zahns, der Zahnhals und die Wurzel, haben keine Schmelzschicht und leiten bei Kontakt mit Säuren, Hitze oder Kälte Schmerz weiter. Der Saum aus beweglichem Zahnfleisch bedeckt in gesundem Zustand diese schmerzempfindlichen Bereiche, schützt sie vor äußeren Einflüssen und verhindert das Eindringen von Bakterien in den Zahnhalteapparat. 

Woran erkennt man Zahnfleischrückgang?

Zahnfleischschwund ist nur bis zu einem gewissen Grad umkehrbar, und eine Entzündung des Zahnhalteapparats verläuft außerdem meistens schmerzfrei und schleichend. Die frühzeitige Erkennung und Behandlung der ersten Anzeichen sind daher sehr wichtig. Bei Zahnfleischschwund kommt es zunächst zu empfindlichen Zähnen aufgrund der freiliegenden Zahnhälse. Bei der optischen Kontrolle im Spiegel scheinen die Zähne länger zu werden, da auch die hellen Zahnhälse sichtbar werden, wenn das Zahnfleisch zurückgeht. Das ist nicht nur ein ästhetisches Problem, da Säuren und Bakterien die ungeschützten Teile des Zahns viel leichter angreifen können.

Sieht das Zahnfleisch nicht rosa und fest aus, sondern gerötet und geschwollen, deutet das auf eine Entzündung hin. Achten Sie auch auf Zahnfleischbluten beim Zähneputzen oder bei der Verwendung von Zahnseide. Eine leichte Zahnfleischentzündung (Gingivitis) lässt sich noch problemlos bekämpfen. Wird daraus eine Parodontitis (Zahnbettentzündung), ist der Halt der Zähne im Kiefer gefährdet. Die Behandlung einer Parodontitis ist langwierig und aufwändig. Lässt sich Zahnfleischbluten durch die Verbesserung der Zahnpflege nicht beseitigen, sollte der Zahnarzt unbedingt kontrollieren, ob die Entzündung nicht nur oberflächlich ist, sondern tiefer geht und eine Parodontitis vorliegt. 

Welche Ursachen hat Zahnfleischschwund?

Die häufigste Ursache für Zahnfleischrückgang sind mangelnde Mundhygiene und wiederkehrende Zahnfleischentzündungen. Dabei bedingt das eine das andere: Bei mangelhaftem Zähneputzen werden bakterielle Zahnbeläge nicht ausreichend entfernt. Schädliche Bakterien vermehren sich ungehindert. Ihre kontinuierlich freigesetzten Stoffwechselprodukte fördern Karies, Zahnfleischentzündungen und Parodontitis. Bei einer Parodontitis bilden sich tiefe Zahnfleischtaschen an den Zähnen, die es Bakterien noch leichter machen, tief in den Zahnhalteapparat vorzudringen, und die sich nicht mehr mit herkömmlichen Maßnahmen zu Hause reinigen lassen.

Rauchen ist ein Risikofaktor für Zahnfleischerkrankungen. Es begünstigt die Bildung von Zahnbelag und kann zu Zahnfleischrückgang führen. Zahnfehlstellungen, nächtliches Zähneknirschen, hormonelle Veränderungen und auch eine genetische Veranlagung gehören zu den nicht-entzündlichen Ursachen für schwindendes Zahnfleisch. Auch schlecht sitzende Prothesen, ein zu kurzes Lippenbändchen oder Lippen- und Zungenpiercings können Zahnfleischschwund zur Folge haben.  

Aber sogar die Zahnpflege selbst kann zur Ursache für Zahnfleischrückgang werden. Zähneputzen mit zu starkem Druck, eine zu harte Zahnbürste oder die falsche Putztechnik können das Zahnfleisch verletzen und dafür sorgen, dass es sich zurückzieht. Wie man sich die Zähne putzt, ohne das Zahnfleisch zu strapazieren, lesen Sie in unserem Ratgeber zum Thema: Richtig Zähneputzen

Wie wird Zahnfleischrückgang behandelt?

Suchen Sie bei Anzeichen von Zahnfleischrückgang den Zahnarzt auf, besteht die erste Phase der Behandlung aus einer professionellen Zahnreinigung. Die Zähne erhalten so eine intensive Grundreinigung. Der Zahnarzt kann anschließend eine genaue Bestandsaufnahme von Zähnen und Zahnfleisch machen. Bei der Untersuchung wird auch geprüft, ob Zahnfleischtaschen vorhanden sind und wie tief sie sind. Dafür wird der Parodontale Screening Index (PSI) erhoben, auf den gesetzlich versicherte Patienten alle zwei Jahre einen Anspruch haben. Der Zahnarzt misst mit einer Parodontalsonde die Taschentiefe in Millimetern und ordnet sie in Codes ein: 0 bedeutet, Zahnfleisch und Zahnhalteapparat sind gesund, 1 und 2 deuten auf eine Entzündung des Zahnfleischs hin, Code 3 und 4 bedeuten eine mittelschwere bzw. schwere Form der Parodontitis. Geprüft wird auch, ob sich bereits Zähne gelockert haben. Je nach Ausprägung der Parodontitis wird die Behandlung mit Chlorhexamed ergänzt oder mit einem Antibiotikum unterstützt. 

In der zweiten Phase der Behandlung werden die Zahnfleischtaschen ausgeschabt und die Oberflächen der Zahnwurzeln geglättet. Zahnstein und Beläge unterhalb des Zahnfleischrands werden entfernt (geschlossenes Vorgehen). Liegen die Schädigungen tiefer, muss das Zahnfleisch mit einem chirurgischen Eingriff zum Teil abgelöst und aufgeklappt werden, damit die freiliegenden Bereiche gereinigt und krankes Gewebe entfernt werden können (offenes Vorgehen). Das Zahnfleisch wird anschließend wieder eng an den Zahn gelegt und fest vernäht, damit es sich wieder dauerhaft an den Zahn anlagern kann. 

Lässt sich das Zahnfleisch auch mit diesen Maßnahmen nicht wieder herstellen, kann eine ausgewogene Rot-Weiß-Ästhetik von Zähnen und Zahnfleisch durch eine plastische Operation erzeugt werden. Die durch den Zahnfleischrückgang sichtbaren Zahnhälse sind empfindlich für Entzündungen und Wurzelkaries. Der Zahnarzt entnimmt dafür entweder dem harten Gaumen ein Stückchen Schleimhaut und setzt es auf die offen liegenden Stellen (freies Schleimhauttransplantat), oder er verschiebt einen kleinen Gewebelappen in der Nähe des ungeschützten Zahns auf die Zahnwurzel und näht ihn dort fest (Verschiebelappentechnik).  

Wie sieht die Nachsorge und Vorbeugung aus?

Eine Parodontitis ist eine chronische Erkrankung und bedarf einer dauerhaft guten Nachsorge, vor allem wenn ein Zahnfleischschwund bereits besteht. Freiliegende Zahnhälse sind sehr anfällig aufgrund der fehlenden Schmelzschicht, Patienten müssen deshalb aktiv mitarbeiten und eine konsequente Mundhygiene betreiben. Seit Juli 2021 bezahlen die Krankenkassen auch die unterstützende Parodontitis-Therapie (UPT), die nach der Behandlung regelmäßige Kontrolluntersuchungen in der Praxis vorsieht. Bei den Terminen erhalten die Zähne eine professionelle Zahnreinigung, die Mundhygiene wird kontrolliert und der Erfolg der Behandlung geprüft. 

Die beste Vorbeugung gegen Zahnfleischrückgang und Parodontitis ist praktisch identisch mit der Nachsorge der Erkrankung und sorgt für gesunde Zähne und gesundes Zahnfleisch. Da fast immer Bakterien die Ursache für Zahnerkrankungen sind, müssen sie immer wieder aufs neue gründlich entfernt werden: 

  • zweimal täglich Zähneputzen mit fluoridhaltiger Zahnpasta (Handzahnbürste oder elektrische Zahnbürste, die richtige Putztechnik erklärt Ihnen auch Ihr Zahnarzt)
  • Reinigung der Zahnzwischenräume mindestens einmal am Tag mit Zahnseide oder Interdentalbürsten
  • regelmäßige Kontrolltermine in der Praxis 
  • mindestens einmal im Jahr eine professionelle Zahnreinigung in der Praxis
  • zur Ergänzung kann eine antibakterielle Mundspülung bei der Bakterienbekämpfung helfen

Was ist bei Zahnfleischrückgang und -entzündungen zu tun?

Zusätzlich zu einer guten Mundhygiene helfen einige Hausmittel und eine zuckerarme, antientzündliche Ernährung bei der Vorbeugung gegen Zahnfleischrückgang. 

Salzwasserlösung: Ein Teelöffel Salz in einem Glas Wasser aufgelöst ergibt eine wirkungsvolle entzündungshemmende Mundspülung.

Grüner Tee: Die gesunden Eigenschaften des grünen Tees haben viele positive Wirkungen auf den Körper. Er unterstützt auch die Bekämpfung und Vorbeugung Entzündungen und Zahnfleischschwund, wie eine japanische Studie der Universität Kyushu an 940 Männern zeigte. Dafür verantwortlich ist das im Tee enthaltene Catechin, ein starkes Antioxidativum. Es gibt Zahnpasta mit Grüntee-Anteil, Sie können den – natürlich – ungesüßten grünen Tee aber auch einfach trinken oder damit den Mund spülen. 

Kamille und Salbei: Ein Aufguss der Heilkräuter desinfiziert und beruhigt.  

Ölziehen mit Schwarzkümmel-, Sesam oder Kokosöl: Vor dem Zähneputzen 20 Minuten lang das Öl durch die Zähne ziehen und danach unbedingt ausspucken.

Fazit

Zahnfleischrückgang und entzündliche Erkrankungen an Zähnen und Zahnfleisch müssen nicht sein. Mit sorgfältiger Zahnpflege zu Hause und regelmäßigen Besuchen beim Zahnarzt können Sie Zahn- und Zahnfleischerkrankungen vorbeugen. Sollte es doch einmal zu einer Zahnentzündung kommen, können bewährte Hausmittel helfen. Bei langwierigen entzündlichen Beschwerden suchen Sie bitte Ihren Zahnarzt auf.