Süßholz kennen Sie höchstwahrscheinlich in eher romantischem Zusammenhang. Denn, wenn Sie "Süßholz raspeln", machen Sie Ihrem Schwarm hoffentlich unwiderstehliche Komplimente. Diese Redewendung hat natürlich ihre Geschichte: In vergangenen Zeiten war Zucker rar und teuer und würde deshalb oft durch Süßholz ersetzt, denn süß ist es allemal, sogar etwa 50-mal süßer als Zucker. Doch auch wegen seiner heilsamen Wirkung wurde es bereits in der Antike und in der traditionellen chinesischen Medizin in vielen Bereichen eingesetzt. Es ist der Rohstoff für eine Leckerei, die seit Beginn des 20. Jahrhundert Schleckermäuler begeistert: Lakritz. Das schwarze Gold soll sogar gut für die Zähne sein. Doch stimmt das wirklich?
Süßholz (Glycyrrhiza glabra) stammt aus dem zentral- und südwestasiatischen Raum, ist auch im Mittelmeerraum zu finden und verbreitete sich im Laufe des Mittelalters auch in Zentraleuropa. Es gehört zu den Schmetterlingsblütlern und Hülsenfrüchtlern und wächst als Staude, die bis zu zwei Metern hoch werden kann. Aber anders als bei Bohne, Erbse oder Erdnuss, deren Samen wir verarbeiten und verzehren, wird bei Süßholz hauptsächlich die Wurzel genutzt. Wie der Name schon sagt, ist sie süß und aromatisch und steht auch im Mittelpunkt der Naturheilkunde.
Welche Wirkung haben die Inhaltstoffe der Süßholzwurzel?
Die Süßholzwurzel ist deutlich süßer als Zucker und enthält zahlreiche sekundäre Pflanzenstoffe wie Flavonoide und Cumarine. Der Hauptbestandteil der Wurzel ist Glycyrrhizin bzw. Glycyrrhizinsäure. Je nach Art der Süßholzpflanze unterscheidet sich der Gehalt von Glycyrrhizin sehr deutlich. Die Inhaltsstoffe von Süßholz wirken antiseptisch, antiviral und antioxidativ. Sie regen die Gallenfunktion an und wirken lindernd bei Erkrankungen der oberen Atemwege. Sie können ebenfalls helfen, einen gereizten Magen zu beruhigen. Glycyrrhizin hat in unserem Körper eine ganz ähnliche Wirkung wie die körpereigenen Hormone Kortison und Aldosteron. Es kann den Blutzuckerspiegel senken und den Elektrolythaushalt des Körpers positiv beeinflussen.
Wann sollten Sie auf Süßholzwurzel und Lakritz verzichten?
Auch wenn die Süßholzwurzel so süß ist, eignet sie sich als Zuckerersatzstoff dennoch nicht, weil übermäßiger Verzehr zu ernsten gesundheitlichen Problemen führen kann. Wie so häufig macht die Dosis das Gift: Zu viel Süßholz oder übermäßiger Konsum von Lebensmitteln wie Lakritz erhöht die Ausscheidung von Kalium und kann zu Bluthochdruck, Ödemen und Herzrhythmusstörungen führen. Auch Wechselwirkungen mit bestimmten Medikamenten treten möglicherweise auf. Das betrifft besonders Digitalispräparate bei Herzbeschwerden und Kortisonmedikamente. Menschen mit hohem Blutdruck oder Nierenproblemen, Diabetiker und Schwangere sollten daher auf den Verzehr von Süßholzwurzel-Tee und -kapseln oder Lakritz verzichten.
Unterstützt die Süßholzwurzel unsere Zahngesundheit?
Die Süße der Wurzel hat auf die Zähne keine karieserzeugende Wirkung, weil sie ja keinen Zucker enthält. Der Genuss von Süßholzwurzel-Tee ist daher nicht schädlich für die Zähne. Durch die entzündungshemmende Wirkung von Süßholz kann es sogar vor Bakterienwachstum und Zahnfleischbluten schützen. Das Kauen der Süßholzwurzel kann die Reinigung der Zähne unterstützen, ist allerdings kein vollständiger Ersatz für die alltägliche Zahnpflege.
Lakritz enthält allerdings zahlreiche Inhaltsstoffe, die unseren Zähnen schaden können, unter anderem auch Zuckersirup. Und weil die Lakritze so schön lange an den Zähnen und in den Zahnzwischenräumen kleben bleibt, freuen sich die Kariesbakterien über ein ausgiebiges süßes Festmahl. Wie jedes Genussmittel sollte Lakritz also nur in Maßen genossen werden.
Lakritz als Karies-Killer?
Eine 2015 veröffentlichte Studie der Universität Edinburgh sollte zeigen, dass der Verzehr von Lakritz gesund für Zähne, Zahnfleisch und Mundflora sei. Die schottischen Wissenschaftler fanden nämlich heraus, dass in der Süßholzwurzel enthaltene Trans-Chalcone die Aktivität eines bestimmten Schlüsselenzyms blockieren können. Dieses Enzym ist verantwortlich für das Wachstum des Karies-Hauptverursachers (Streptococcus mutans) und damit auch für bakteriellen Belag auf den Zähnen und im Mundraum (Plaque). Lakritz wurde schon begeistert als "Karies-Killer" gefeiert, bevor sich zunehmend kritische Stimmen mehrten. Die Kritiker mahnten zu Recht an, dass es sich hierbei um eine in vitro-Studie handele und hier nur ein einziger Stamm des Karies-Keims an seiner Fähigkeit zur Bildung von Biofilmen durch Lakritz gehindert worden sei. Im Mund und auf den Zähnen seien aber neben dem Karies-Leitkeim rund 30 verschiedene Bakterienarten in der Lage, einen Biofilm zu bilden und so die Ausbreitung von Karies zu fördern.
Lakritz ist zur Kariesprävention also leider nicht geeignet. In jedem Fall legen die Labor-Versuche aber nahe, dass es sich durchaus lohnen könnte, die möglicherweise vielversprechende Wirkung von Lakritz und Süßholzwurzel für die Zahngesundheit in klinischen Studien genauer zu untersuchen.
Die Süßholzwurzel hat durch ihre zahlreichen medizinisch hilfreichen Inhaltsstoffe seit langem einen festen Platz in der Heilkunde. Sie kann bei Erkrankungen der oberen Atemwege und auch bei Magenbeschwerden lindernd wirken. Übermäßiger Verzehr, etwa in Form von Lakritz, kann zu ernsten gesundheitlichen Problemen führen. Das Kauen auf Süßholz zur Reinigung der Zähne kann die herkömmliche Zahnpflege mit Zahnbürste und Zahnpasta nicht ersetzen, aber durchaus geschmackvoll unterstützen.